Hearts of Iron IV - Review (PC)

Die "Grand Strategy"-Referenz ist zurück !

Mit Hearts of Iron IV erleben sie den 2. Weltkrieg (1939-1945) aus strategischer Sicht. Dabei hält der Spieler das Schicksal seiner Nation in der Hand und kann die Geschichte neu schreiben. Der neueste Globalstrategie-Titel des renommierten Entwicklers Paradox Interactive ist dabei der epochenübergreifende Quasi-Nachfolger zu der bisherigen  Genrereferenz Europa Universalis IV. Ob Hearts of Iron IV auch im Hinblick auf Komplexität und Spieltiefe mit Europa Universalis IV mithalten kann, klären wir in unserem ausführlichen Testbericht.

 

Das Spielprinzip:

hoi4screenshot001In Hearts of Iron IV kann der Spieler wahlweise die Kontrolle über eine Supermacht übernehmen oder aber eine kleinere Nation durch den epischen Konflikt des 2. Weltkrieges (1939-1945) führen. Insgesamt sind in Hearts of Iron IV über 40 Nationen spielbar. Dabei strebt der Spieler wahlweise durch Diplomatie am Verhandlungstisch oder durch militärische Konflikte nach Expansion. Darüber hinaus bietet die authentische Echtzeit-Kriegssimualtion originalgetreue Panzer, Flugzeuge, Schlachtschiffe und sogar neuentdeckte Nuklearwaffen. Die spannenden Schlachten werden dabei auf einer topographischen Karte samt Jahreszeiten, Wetter und Gelände ausgetragen. Die realistische KI bietet dem Spieler zahlreiche strategische und taktische Möglichkeiten. Zudem greift Hearts of Iron IV auch auf ein ausgeklügeltes Politik- und Diplomatiesystem zurück.

 

Die Neuheiten:

hoi4screenshot002Uneingeschränkt positiv ist festzuhalten, das die deutsche Übersetzung im Gegensatz zum unmittelbaren Serienvorgänger Hearts of Iron III stark verbessert worden ist. Zudem haben die Entwickler von Paradox Interactive das Produktionssystem in Hearts of Iron IV komplett überarbeitet. Im neusten Serienteil modernisieren sich ihre Battailone nicht mehr selbstständig. Die entsprechende Ausrüstung muss vielmehr erst produziert werden. Dies gilt insbesondere für alle Panzer, Kriegsschiffe und Flugzeuge. Von großer Bedeutung für die übergreifende Spielmechanik sind zudem die neuen Schwerpunktbäume von Hearts of Iron IV. Dabei kann der Spieler die generelle Strategie und Ausrichtung des Landes wählen. Insbesondere die Großmächte stehen insoweit vor spannenden Entscheidungen. So kann der Spieler auf Seiten der Achsenmächte nachhaltigen Einfluss auf historische Entscheidungen (Annexion Österrreichs, Invasion Russlands etc.) nehmen. In diesem Zusammenhang kommt dem ebenfalls neuen Spielwert der sog. "Weltspannung" eine entscheidende Bedeutung zu. Die in Rede stehende Kennziffer steigt insbesondere durch lokale Kriege und Annexionen. Erst wenn die "Weltspannung" einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, dürfen auch demokratische Nationen zu den Waffen greifen. Im Gegensatz zu dem Serienvorgänger beherrscht die KI in Hearts of Iron IV bereits in der Releaseversion auch komplizierte Seelandungen. Dabei sammelt der Spieler im Laufe der virtuellen Gefechte die sog. "Armeetradition". Diese ist wiederum bei Änderungen hinsichtlich der Zusammensetzung ihrer Divisionen erforderlich. Leider bietet Hearts of Iron IV dem Spieler nur noch zwei mögliche Einstiegsjahre (1936 oder 1939). Zudem hat der Spieler im neuesten Teil der traditionsreichen Serie anders als in Hearts of Iron III nicht mehr die Möglichkeit, überflüssige Rohstoffe gezielt zu verkaufen. Vielmehr exportiert die eigene Nation einen festen Anteil von allen Ressourcen auch wenn diese dringend im Inland benötigt werden. Darüber hinaus ist die Forschung in Hearts of Iron IV auf fünf gleichzeitige Projekte beschränkt. Hearts of Iron III kannte dabei noch keine derartige Begrenzung. Allerdings haben die Entwickler von Paradox Interactive in diesem Zusammenhang auch die unterschiedlichen Technologiebäume (Infanterie, Panzer, Artillerie etc.) entschlackt. Hearts of Iron IV stellt zugleich die Abkehr vom Hauptquartiersystem des direkten Serienvorgängers dar. Im neuesten Serienteil erfolgt wie noch in Hearts of Iron II die direkte Zuweisung der Verbände an einen Oberkommandierenden. Ein gewichtiger Kritikpunkt sind zudem die fehlenden "Kontrollmechanismen" hinsichtlich der Spielmechanik. Im Gegensatz zu Europa Universalis IV kennt Hearts of Iron IV keine Aufstände in besetzten Gebieten. Statt der Bildung von "Rebellenarmeen" kennt der neueste Serienteil lediglich die Sabotage der eigenen Fabriken. In der Konsequenz ist es in Hearts of Iron IV daher zu einfach, mit einer Großmacht wie Deutschland die unterschiedlichen Gegner nach und nach von der Strategiekarte zu fegen. Problematisch bleibt aus deutscher Sicht jedoch ein möglicher Kriegseintritt der USA bzw. der Sowjetunion zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Generell gilt ein Zweifrontenkrieg auch in Hearts of Iron IV als problematisch.

Die Grafik:

hoi4screenshot003Hinsichtlich der Grafik von Hearts of Iron IV ist festzuhalten, das insbesondere die allgegenwärtige Weltkarte gegenüber dem Vorgänger Hearts of Iron III deutlich aufgewertet wurde. Der Dank gilt hierbei der zur Verwendung kommenden "Clausewitz"-Engine, die in dieser Form bereits in Europa Universalis IV implementiert wurde. Hearts of Iron IV ermöglicht dabei das nahezu stufenlose Zoomen der Strategiekarte von der Weltsicht bis hinunter auf Einheitenebene. Kritisch ist jedoch in diesem Zusammenhang anzumerken, das das eigentliche Menüdesign in Hearts of Iron IV allenfalls zweckmäßig ist. Viele der unzähligen Menüs wirken dabei überladen und sind im Ergebnis wenig zugänglich.

 

Der Sound:

Im Bezug auf den Sound von Hearts of Iron IV ist festzuhalten, das der abwechslunsgreiche orchestrale Soundtrack als Hintergrundmusik hervorragend zum Setting von Hearts of Iron IV passt. Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch kritisch anzumerken, das sich die einzelnen Truppensounds ständig wiederholen. In Anbetracht des Umstandes das ein Globalstrategie-Titel wie Hearts of Iron IV den Fokus naturgemäß nicht auf eine überzeugende Soundkulisse legt, fällt die diesbezügliche Kritik nicht weiter relevant aus.

Die Steuerung:

hoi4screenshot004Ein großer Pluspunkt von  Hearts of Iron IV ist der Umstand, dass nahezu alle Nationen der Welt spielbar sind. Allerdings ist in diesem Zusammenhang einschränkend anzumerken, das in Hearts of Iron IV nur die absoluten Großmächte (USA, Russland, England, Deutschland) mit individuellen Truppentypen und eigenen Schwerpunktbäumen aufwarten. Dabei kann der Spieler zu Beginn seiner Karriere als virtuelles Staatsoberhaupt extra einstellen, ob und inwieweit sich die Spielnationen historisch korrekt verhalten sollen. Allerdings hatte diese Funktion während unseres Tests nur einen untergeordneten Einfluss auf das Spielgeschehen. Positiv zu erwähnen ist hingegen der Umstand, dass sich Fahrzeuge und Flugzeuge mit gesammelter Kampferfahrung modifizieren lassen. Insbesondere kann der Spieler hierbei Bewaffnung und Zuverlässigkeit der in Rede stehenden Vehikel verbessern. Zudem funktioniert auch das intuitive Planungstool von Hearts of Iron IV erstaunlich gut. Dabei weist der Spieler zunächst seine Bodentruppen den einzelnen Frontabschnitten zu. Anschließend legt der Spieler durch "malen" auf der Strategiekarte diverse "Angriffslinien" fest, bis zu denen die eigenen Truppen vorrücken sollen. Nach der Erteilung des Angriffsbefehls attackiert die KI selbstständig und sorgt zugleich dafür, dass die Frontlinie geschlossen bleibt. Natürlich hat der Spieler insoweit auch die Möglichkeit, die Steuerung seiner Einheiten manuell vorzunehmen. Generell gilt jedoch, dass die KI des neuesten Serienteils einen deutlichen Fortschritt gegenüber dem direkten Serienvorgänger Hearts of Iron III darstellt. Dennoch kommt es auch in Hearts of Iron iV zu gelegentlichen KI-Aussetzern. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die zu kleinteilige Steuerung und das unübersichtliche Interface. Zudem ist auch das nahezu nutzlose Tutorial zu kritisieren, welches auch durch das spieleigene Wiki nicht adäquat ersetzt wird. Abgesehen davon bietet Hearts of Iron IV nur noch zwei mögliche Einstiegsjahre (1936 und 1939). Allerdings kann der Spieler wie schon in Hearts of Iron III auch im neuesten Serienteil beim Laden eines Spielstandes jede beliebige Nation übernehmen. Unabhängig davon bietet Hearts of Iron IV zu wenig Feedback in Hinsicht auf die Spielmechanik. Insbesondere die potentiell spielentscheidenden Luftkämpfe erfolgen quasi im spielfreien Raum. Durch das Zusammenwirken der vielen Boni und Mali geht zudem auch bei den Bodenkämpfen teilweise die Übersicht verloren. Ein konkreter KI-Mangel betrifft den Umstand, dass der virtuelle Gegner die eigenen Truppen im Hinterland zwar lehrbuchmäßig umkreist, ohne sie jedoch entscheidend zu attackieren. Darüber hinaus kann auch die eigene Einheiten-KI nicht restlos überzeugen. Insbesondere bei zerstückelten Frontabschnitten rücken die eigenen Einheiten entgegen ihrer Befehle nicht weiter vor. Darüber hinaus ist auch die Bedienung umständlich. So müssen etwa Flugzeuge und Schiffe zunächst stationiert werden bevor sie dann bestimmten Luft- und Seeräumen zugewiesen werden können. Anschließend sind dann die jeweiligen Missionen festzulegen (Luftwaffe: Industrie zerstören, Bodentruppen unterstützen, Feindflieger abfangen; Kriegsmarine: Jagd auf Versorgungsschiffe, Kampf gegen feindliche Kriegsschiffe).

Die Atmosphäre:

hoi4screenshot005Das Produktionssystem von Hearts of Iron IV ist gleichermaßen glaubwürdig wie gut durchdacht. Das in Rede stehende System wurde seitens der Entwickler von Paradox Interactive gegenüber dem direkten Vorgänger komplett überarbeitet. Dabei errichten ihre zivilen Fabriken unter anderem Flughäfen, Bunker und diverse Verbesserungen der Infrastruktur. Demgegenüber dienen ihre Militärfabriken der Herstellung von Ausrüstung für ihre virtuellen Divisionen (Infanteriewaffen, Panzer, Flugzeuge etc.). Mit der steigenden Anzahl von Fabriken bzw. wachsender Produktionserfahrung werden die benötigten Industriegüter dabei deutlich schneller hergestellt. Neben dem in Rede stehenden Produktionssystem ist auch das Versorgungssystem von Hearts of Iron IV spielrelevant. In diesem Zusammenhang soll auch auf das verbesserte Diplomatiesystem von Hearts of Iron IV eingegangen werden. So kann der Spieler im neuesten Teil der Traditionsserie unter anderem bilaterale Beziehungen verbessern sowie Nichtangriffspakte und Bündnisse schmieden. Alle diplomatischen Aktionen kosten dabei "Politische Macht". Diese dient zudem gewissermaßen als Währung für die Einstellung von Beratern mit spielweiten Boni. Gleiches gilt auch für die Änderung bestehender Gesetze (Pressezensur, Wehrpflicht etc.). Zudem können die virtuellen Staaten im Spielverlauf auch ihre Ideologie wechseln. Schließlich ist festzuhalten, dass in Hearts of Iron IV auch taktische Manöver (Kesselschlachten, Flankenangriffe etc.) durchaus spielrelevant sind. Generell gilt, das die Herausforderung an den Spieler wächst, je kleiner die jeweils gespielte Nation ist. Dabei ist die Balance zwischen den Teilstreitkräften (Heer, Luftwaffe, Marine) und den diversen Waffengattungen (Infanterie, Artillerie etc.) durchaus stimmig. Hearts of Iron IV bindet zudem zahlreiche reale historische Ereignisse (Remilitarisierung des Rheinlandes, Anschluss Österreichs, Pakt der Achsenmächte etc.) sinnvoll in den Spielverlauf ein. Bei der militärischen Aufrüstung seiner Nation kann der Spieler in Hearts of Iron IV zudem auf reale Truppentypen und erforschbare Technologien zurückgreifen. Zugleich bietet Hearts of Iron IV historisch reale Truppenführer und Politiker. Selbst die relevanten Rüstungsunternehmen sind unter ihren Originalnamen in das Spiel implementiert worden. Insbesondere bei Mehrfrontenkriegen steigt die Dynamik und Dramatik des Geschehens dabei sprunghaft an. Leider sind in Hearts of Iron IV die spielmechanischen Zusammenhänge teilweise nur schwer nachvollziehbar. Insbesondere die zahlreichen Boni und Mali in der Spielwelt lassen selbst geübte Strategen teilweise ratlos zurück. Dies gilt insbesondere für die virtuellen Kämpfe um die wichtige Luftherrschaft über dem europäischen Festland. Insbesondere Einsteiger werden auch durch die extrem textlastige Präsentation von Hearts of Iron IV abgeschreckt. Zudem ist negativ festzuhalten, dass ihre KI-Verbündeten auch ohne die erforderliche Zustimmung seitens des Spielers andere Nationen in das eigene Bündnis einladen können. In unserer Testsession trat zudem Italien einen Großteil der eigenen Einheiten gewissermaßen als "Expeditionskorps" an Deutschland ab. Dies gilt insbesondere für die Kämpfe der Achsenmächte in Nordafrika.        

Der Multiplayer-Modus:

hoi4screenshot006Hearts of Iron IV bietet neben der epischen Einzelspieler-Kampagne auch einen umfangreichen Multiplayer-Modus für bis zu 32 Spieler. Die menschlichen Kontrahenten streben mit ihren jeweiligen Nationen die politische und militärische Hegemonie an (Großmächte) oder kämpfen als kleinere Nation um das bloße Überleben innerhalb des weltweiten Konfliktes. Im Ergebnis bietet der Mehrspieler-Modus von Hearts of Iron IV dann auch ein hohes Maß an Wiederspielwert.

 

 

Fazit und Gesamtwertung:

Hearts of Iron iV erweist sich als würdige Fortsetzung der erfolgreichen Traditionsserie. Wie für nahzu alle Strategiespiele aus dem Hause Paradox Interactive gilt auch für Hearts of Iron IV, das der Spieler mit viel Einarbeitungszeit rechnen muss. Die steile Lernkurve und das mangelhafte Tutorial tun in dieser Bezeihung ihr übriges. Selbst Serienveteranen bedürfen aufgrund der überarbeiteten Spielmechanik (Produktions-, Versorgungs- und Diplomatiesystem) einer gewissen Einarbeitungsphase. Auf der anderen Seite der Medaille ist Hearts of Iron IV im Vergleich zu dem Genrerivalen Europa Universalis IV teilweise weniger komplex und fordernd. Serienveteranen könnten daher in Hearts of Iron IV ansatzweise unterfordert sein. Insbesondere ist es im neuesten Serienteil stellenweise zu einfach, mit einer der spielbaren Großmächte (Deutschland, Japan, USA Großbrtiannien, Russland) seinen Hegemonialbereich schrittweise auszubauen. Lediglich von etwaigen Mehrfrontenkriegen sollte der Spieler Abstand nehmen. Generell gilt, dass es Hearts of Iron IV auf vorbildliche Art und Weise schafft, dem interessierten Spieler die historischen Rahmenbedingungen der gespielten Nation näherzubringen. Neben historisch korrekten Politikern und Truppenführern bietet Hearts of Iron IV dabei auch realitätsgetreue Einheiten und militärische Ausrüstung. Dank der unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Startpositionen der einzelnen Großmächte bietet Hearts of Iron  IV zudem einen hohen Wiederspielwert. Schließlich kann der neueste Teil der Traditionsserie auch einen umfangreichen Mehrspieler-Modus für bis zu 32 Spieler vorweisen.

 

Spielspaßwertung: 82 %

 

Releasedatum: 06.06.2016

 

Minimale Systemanforderungen:

  • Windows Vista, Windows 7, Windows 8, Windows 10
  • Prozessor: Intel Pentium IV 2.4 GHz, AMD 3500
  • Grafikkarte: GeForce 8800 bzw. Radeon X1900
  • Speicher: 2 GB RAM
  • Festplatte: 2GB